Nach ausgiebigem Müsli-Joghurt-Obst zum Frühstück ging es los nach Saint-Jean-Pied-de-Port. Hier gab es erstmal einen Cappuccino – der Ankurbler für den Kreislauf. Dieser ist nämlich seit den ersten, wirklich harten Etappen immer schwerer in Schwung zu kriegen.

Unser Etappenziel Estérençuby hätten wir in 9km erreichen können. Aber das wäre ja langweilig. Wir entschieden uns, den benachbarten Hügel mitzunehmen, den Col d‘ Arnosteguy auf 1239 m Höhe. Das ergibt eine schöne Runde und fühlt sich auch einfach besser an, vor dem geplanten Wellness-Nachmittag etwas geleistet zu haben. Kein großes Hindernis also, bevor es heute ausnahmsweise ins Hotel geht, da kein Campingplatz in der Nähe ist. Dort dann schön in den Pool und entspannen. Wellness eben. Wie versprochen.

Soweit der Plan. Nach den ersten 3 km waren wir sehr entspannt. Kleines Gespräch hier, ein dicker Lacher da. Doch dann das: der Blick geht nach oben. Eine Straße – unsere Straße – 200 Höhenmeter über unseren Köpfen. Und kaum wieder einmal schien für den Erbauer dieser Route der direkte Weg die beste Wahl gewesen zu sein. Nur eine Kurve und ’schon‘ waren wir oben. Von da an kämpften wir uns durch eine noch nie so erlebte 4km lange Bergaufpassage. Im Schnitt 17 %, Spitzen von über 22 %. Mit Gepäck war es fast nicht zu schaffen. Wahrscheinlich hätten wir uns an den zweiten Tag erinnern sollen, welche topografischen Highlights ein Pilgerweg mit sich bringen kann, als Wegweiser uns auf dem Jacobweg wähnten. Holten wir zu Beginn die Wanderer noch sehr langsam ein, überholten uns diese später wieder in den steilen Rampen. 4km/h ist aber auch eine Reisegeschwindigkeit, an die man sich gewöhnen muss. So war es nicht verwunderlich, ständig in verblüffte Gesichter zu blicken und kopfschüttelnden Pilgerern zu begegnen, die auf der einen Seite nicht zu verstehen schienen, warum wir uns das antun, auf der anderen Seite aber anerkennend uns zu motivieren versuchten.

Völlig ausgelaugt konnten wir in einer Wanderhütte eine Cola und die atemberaubende Landschaft genießen. Geschätzt 40 Geier kreisten über dem Tal. Pferde, Kühe und immer wieder die dramatischen Blicke ins Tal. Ein Traum!

Nach weiteren 12 km mit teilweise heftigen Anstiegen gelangten wir auf die Passhöhe. Kaum gab es mal Erholung in flacheren Abschnitten. Lars war völlig fertig, die Beine taub und die Erkenntnis gereift, dass es so nicht noch 12 Tage weiter gehen kann. Auch mit dem Gedanken im Kopf, dass noch 50 weitere Etappen bis Berlin anstehen.

Im Hotel angekommen, erstmal Wäsche gewaschen, im Pool geschwommen und 3 Gänge im Restaurant genossen. Wir setzten uns nochmal an die geplanten Etappen und änderten teilweise den Streckenverlauf über weniger steile Pässe. Die Klassiker, wie den Tourmalet, Peyresourde und Aubisque lassen wir uns natürlich in den folgenden Tagen nicht nehmen.

Bis morgen!