What a day! Völlig abgekämpft, salzverkrustet und mit leerem Blick komme ich um 13 Uhr in Les Salles-sur-Verdon an. Ich war heute schlecht organisiert. Und das habe ich mit einem zwischenzeitlichen Leistungseinbruch bezahlt.

Meine Nachbarn haben heute Nacht im Zelt den gesamten Wald abgeholzt. Trotz Ohropax konnte ich sie hören. Wie geht sowas? Um 7 klingelte der Wecker. Bis um 8 war ich abfahrbereit. Der Espresso fiel heute aus, die Bar war noch geschlossen.

Seitdem ich morgens eine gute Hand voll Sitzcreme auftrage, haben sich meine Sitzbeschwerden verbessert. Was noch ein Problem ist, welches damit zusammenhängt, ist mein extremer Schweißausstoß. Wir reden hier nicht von schwitzen, wir reden von Wasserfällen. Die Hitze verstärkt das. Nach 10 Minuten Anstieg ist mein Shirt komplett nass, nach 20 Minuten die Hose (inklusive vollgesaugtem Polster), nach einer halben Stunde sammeln sich große Schweißseen in meinen Schuhen. Ich hatte es schon so weit getrieben, dass jeder Tritt sich anfühlte, als drückte ich einen Schwamm im Schuhe zusammen. Das größte Problem ist dabei die nasse Hose. Das Hinterteil ist quasi den ganzen Tag nass und das erhöht die Aufreibgefahr. Was soll man da machen? Ich kann nicht 3 Hosen am Tag verschleißen oder mich auf dem Col nackt ausziehen und erstmal warten, bis alles getrocknet ist. Durch das zwischenzeitliche Antrocknen in der Abfahrt entstehen große Salzblumen. Alles wenig lecker, oder? Aber ich schweife ab.

Es ging heute weiter auf dem gestern eingeschlagenen Weg. 18 km einrollen bis Malijai, leicht erhöht über dem Tal. Ich fühlte mich komisch schlapp und müde. Woran lag es? Gestern die Würste waren zwar lecker, aber der wenige Couscous war vielleicht zu wenig Kohlenhydratgrundlage für heute. Oder fehlte mir der Kaffee? Wahrscheinlich beides. Ich hielt in angesprochenem Örtchen und genehmigte mir einen Espresso. Es ging spürbar besser. Am Ortsausgang bog ich auf die D8 und stellte mich dem ersten Anstieg. Hinauf zum Col d’Espinouse.

Sehr erfreuliches Schild.

Und wie so oft brennen die kleinen Anstiege mehr als die langen. Die ganzen 9 km fiel die Steigung kaum unter 8 %, meist zeigte der Rox 9 bis 10, in Abschnitten 13 %. Gar nicht so einfach. Der Pass wurde für Wohnmobile und größere Fahrzeuge nicht empfohlen. Darum war es hier absolut einsam und die Landschaft geprägt von Landwirtschaft. In vielen Serpentinen schraubte ich mich nach oben. Auf dem Col war gerade ein Bauer mit der Lavendelernte beschäftigt. Dieser Duft! Ich quatschte oben noch mit einem Holländer, der von der anderen Seite völlig zerstört nach oben kam. Er hätte sich ein Rennrad gekauft und wolle im Urlaub endlich mal Berge fahren. Ich habe ihm mal mein größtes Ritzel hinten gezeigt und mit seinem verglichen. Ich weiß gar nicht, wie er mit seiner Flachland-Bolzer-Übersetzung hier hoch gekommen ist. Ich gönnte mir noch einen Müsliriegel und trank die zweite Wasserflasche leer und füllte beide wieder komplett auf. Eine 1,5 l-Flasche habe ich immer hinten aufgeschnallt. Im Dorf unten musste ich mal was essen.

Oben ists am schönsten.

Tolle Ausblicke während des Aufstiegs.

Die Abfahrt war toll. Das Dorf Saint-Jeanette hatte fünf Häuser und eine Kirche. Auf den Feldern waren die Landwirte am werkeln. In Bras -d’Asse konnte ich nichts Brauchbares finden. Deshalb fuhr ich weiter auf die D953 bis nach Puimoisson. Der nächste Aufstieg. Leider reihte sich hier Auto an Auto. Wohnmobil an Wohnmobil. Eine unschöne Strecke. In Puimoisson war ich um 11. Ich setzte mich in das Restaurant und wollte etwas essen. Auf manchen Tischen waren bereits Papierservietten ausgelegt. Ich setzte mich und ein paar Schweißspritzer trafen aus Versehen die kostbare Tischdecke. Die Kellnerin schnauzte mich an, dass ich mich an einen Tisch setzen solle, wo keine der Servietten liegt, wenn ich nur etwas trinken wolle. Ich begrüßte sie übertrieben freundlich und fragte, wie es ihr geht. Daraufhin sagte ich, dass ich gerne essen möchte. Die Küche mache aber erst in einer Stunde auf. Ich verabschiedete mich mit einem netten Lächeln und kaufte im Minishop eine Cola und aß meine Tüte Nüsse und einen Müsliriegel.

Von hier ging der körperliche Verfall los. Ich fuhr zunächst eine viel befahrene Verbindung Richtung D952. Diese Straße führte sowohl Richtung Verdonschlüchte als auch Richtung Etappenziel. Es waren noch 25 km. Auf einem Anstieg von 3 % und 4 km Länge brach ich ein. Ein Hungerast überkam mich und ich konnte nix finden, wo man hätte einkaufen können. Hinzu kam, dass die Straße die Hölle war. Voll ohne Ende. Wenn das der Vorbote für meine Verdonrunde am Montag ist, dann gute Nacht. Neben der Hitze konnte ich jetzt noch Abgase verarbeiten. Ich fuhr mich wieder in einen Tunnel und kam völlig zerstört um 13 Uhr in Les Salles-sur-Verdon an.

Das erste was mich am Ortseingang anlächelte war ein Burgerladen. Also bin ich rein und habe einen Cheesburger mit Spiegelei und Pommes bestellt. Den habe ich dann innerhalb von 5 Minuten weggeatmet. Dazu zwei Orangina, einen Espresso. Ich lebte wieder. Punkt 15 Uhr stand ich vor dem Hotel und konnte mein 3-Bett-Zimmer beziehen. Wenn noch jemand Bedarf hat, ich bin noch eine weitere Nacht hier. Ich habe bereits einen großen Sack Wäsche, inklusive Schlafsack, gewaschen. Gerade ist Zeit, um die Etappe der Tour de France zum Tourmalet zu schauen. Da waren wir doch schon mal?!

Der Blick von meiner Terasse.

Völlig zerstört!

Zum Glück ist morgen Pause. Meistens bezahlt man einen Hungerast noch am nächsten Tag. Ich freu mich auf ein echtes, richtiges Bettchen, viele kühle Bier aus meinem Kühlschrank und ganz viel Ruhe. Morgen ist Blog-Pause. Wir hören uns Montag. Schönes Wochenende, Sportfreunde!