Auf den Spuren der 2019er Tour de France

Was für eine Dürre diese Nacht. Ich wurde irgendwann morgens wach und bibberte in meinem Schlafsack. Das Ding war schon bis zu den Ohren gezogen. Es waren sicher -20 Grad oder kälter. Ich zog meine Fleecejacke an. Trotzdem blieben die Beine kalt. Ich war zu faul, um aus meinen Taschen, die im Vorzelt standen, die Jogginghose heraus zu suchen.

Neben mir fällte Uwe die ganze Nacht den anliegenden Wald. Komplett abgeholzt! Trotz „Dreh dich um!“ und mehr oder weniger dezenten Stupsern. Vielleicht wird es heute Abend ein Bier weniger. Es war morgens sehr schwer aus dem Schlafsack zu krabbeln. Die Morgentoilette fiel schwer, alles war ausgekühlt. Ich holte eben Zeugs vom Bäcker und wir frühstückten. Erst kurz vor der Abfahrt kam die Sonne ums Eck. Das klatschnasse Zelt war da gerade eingepackt.

Frisch und munter am Morgen.Aufgrund der Kälte waren wir besonders schnell und es ging bereits vor 9 los. Von Jausiers Richtung Norden auf der D900. Nach 4 Kilometern stoppten wir für einen Kaffee. Wir bogen danach auf die D902, in den Anstieg des Col de Vars. Nach kurzer Zeit kam uns eine Rennradfahrerin wild gestikulierend in entgegengesetzter Richtung entgegen. Die Straße sei gesperrt, so deuteten wir zumindest ihre wilden Handzeichen. Wir fuhren trotzdem weiter. Es stellte sich heraus, dass es einen Unfall gab. Ein Auto wurde von einem Abschlepper aus dem Flusstal gezogen und ein Polizist riegelte den Verkehr ab. Wir fragten zwei Franzosen auf dem Rennrad, wann es weiter gehen soll. 30 Minuten! Nach 15 Minuten konnten wir weiter.

Der arme Gendarm wurde von allen eingekesselt und mit Fragen gelöchert.Bis hier ging es seicht nach oben. Nachdem wir Saint-Paul-sur-Ubaye passierten, hatten wir noch 5 Kilometer und etwas mehr als 500 Höhenmeter vor uns. Es tat einigermaßen weh. Die Steigung sank im Prinzip nicht mehr unter 10 %, in Spitzen waren 15 % zu bewältigen. Uwe klagte etwas über schlechte Beine. Ich hatte sehr gute. Aber wir mussten ja hoch. Darum fuhr ich meinen Rhythmus und einen Kilometer vor dem Gipfel fuhren wir dann gemeinsam nach oben.

Uwe kurbelt einsam. So wenige Autos gab es sonst gar nicht.

Kurz vorm Gipfel.

Die Straßen waren noch voll mit Namen von Tour de France-Größen und anderen Kunstwerken der Fans. Vor etwas mehr als einer Woche wurde auch dieser Berg und einige der folgenden bei der diesjährigen Tour bewältigt. Fetzt schon irgendwie.

Im Aufstieg musste ich einem Rennradfahrer zeigen, dass unter meiner Querstange kein Elektromotor, sondern eine Tasche mit Klamotten sitzt. Und das bei 11 % Steigung. Er wollte dann die gesamte Tour erklärt haben und meinte, spätestens am Iseran werden wir abbrechen, weil es zu steil wäre. Sicher, weil es ja in den Pyrenäen so flach war…

Geschafft!Bereits um 11 standen wir auf dem Col de Vars, auf 2109 m. Die Landschaft ist in jedem Tal etwas anders. Man sieht nie genau die gleichen Dinge. Es stellte sich heraus, dass unsere Auffahrt auch sehr viel schöner, als die folgende Abfahrt war. Die Stadt Vars und ihre 3 Nachbardörfer waren allesamt hässliche Retortenstädte. Wie an der Perlenschnur aufgereiht. Im Winter sicher noch ganz nett, aber so ohne Schnee sehr hässlich. Erst im unteren Teil wurden die Ausblicke wieder schöner.

Nicht gestellt! Genau so passiert.Wir hatten 40 Kilometer auf der Nadel und nur noch 25 vor uns. Es fehlten laut Planung aber noch einmal 900 Höhenmeter. Auf der D902 folgten wir jetzt dem Tal der Guil. Durch seine steil aufragende Hänge und die Enge ein Highlight. Mal wieder. 16 Kilometer ging es mehr oder weniger seicht bergauf. Teilweise enge Durchbruchstäler waren zu bestaunen.

Zum Mittag hielten wir am Fluss und verspeisten Hirschpastete und die letzten Reste unserer abgehangenen Wurst vom Vortag mit einem Baguette. Ab hier blieben 9 Kilometer. Ich fluchte über meinen Rox, weil es ja nicht sein konnte, dass wir jetzt noch 600 Höhenmeter fahren.

Mittag am Fluss.Aber ich konnte alles wieder zurücknehmen. Wir bogen Richtung Nordwesten Richtung Arvieux ab. Und hier ging es los. 8 bis 14 % Steigung, immer im Wechsel. Und das zum Ende hin. Es handelte sich hierbei bereits um das untere Stück des Col d’Izoard, den wir morgen bis zur Spitze fahren werden. In Arvieux gönnten wir uns Tarte au Citron, Kaffee und Orangina und saßen bis 15 Uhr. Erst dann öffnete der Supermarkt.

Käffchenzeit.

Auf den letzten 4,5 Kilometern bis zum Campingplatz überwanden wir weitere 300 Höhenmeter. Und dann das: auf 1860 m gelegen, umgeben von Kalkwänden auf drei Seiten, mitten im Wald und an einem Bergsee. Was für ein Traum von Zeltplatz! Weiter unten liegt ein riesiges Skigebiet.Als wir ankamen trockneten wir das Zelt, räumten alles ein und dann ging es ab in den nicht ganz so warmen See. Das war sehr gut für die Regeneration.

Die Kalkwände um uns herum.

Gleich geht es noch ans Kochen. Chilli con carne. Vielleicht wird es dann nicht ganz so kalt diese Nacht im Zelt. 9 Grad sind angesagt. Ich bin vorbereitet mit Jogginghose, Fleece und dicken Socken.Wir haben uns heute überlegt, dass ihr hier Fragen stellen könnt. Vielleicht gibt es ja ein Thema was den ein oder anderen interessiert. Ich habe ja schon über den Alltag ein wenig geschrieben. Auch über Sitzprobleme, den Umgang mit Schmerzen und schlechten Phasen. Also immer her damit. Bis morgen!P. S. Uwe versucht es heute mit Rotwein, trocken. Ich mit belgischem Bier vom Fass, 8 %, nicht Steigung.

6 Kommentare

  1. Hier kommt meine Frage: wie viele Tartes au Citron bringst du mir mit nach Berlin? x

  2. Hi Lars, schaffst du es,dass du zu Vatis Geburtstag mit dabei bist? Wir würden uns sehr freuen. Also tritt rein. 🚲😊
    Hallo Uwe, hast du dich jetzt schon langsam an die Pulsfrequenzen von Lars angenähert? Und reicht die Poposalbe von Lars für euch beide? 🤔Oder hast du in der Richtung keinerlei Probleme? Weiterhin gutes Gelingen und vertragt euch 😉
    LG Anja

    • Uwe Kampschulte

      1. August 2019 at 21:33

      Hi Anja, ich glaube nicht, dass es mit dem Annähern bzgl des Pulses noch klappen wird. Uns trennen ja bekanntlich einige Jahre, da fährt man dann auch mit einem anderen Puls. Ich hätte die heutige Etappe(1.8.) mit über 2000hm auch dann sicher nicht geschafft. Der Reiter wäre einfach vom Pferd gefallen.
      Popocreme ist echt wichtig. Mir ist nicht entgangen, dass Lars sich den Arsch wundgefahren hat. Also habe ich mir eine eigene Tube Xenofit Hirschtalg-Sportsalbe besorgt. Damit kann ich die nächsten Jahre Extremradtouren machen.
      VG, Uwe

    • Der Geburtstag ist fest im Blick. Aber ich habe da noch so ein paar Unsicherheiten vor mir. Es müsste quasi alles gut gehen, da bis dahin kein Tag Pause eingeplant ist. Schau mer mal!
      Ein Wort noch zur Poposalbe: wir schmieren uns morgens immer gegenseitig ein, damit wir auch alle Stellen erwischen…

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