Mistral – Fluch oder Segen?

Gestern hieß es einfach nur Strand und chillen. Es dauerte eine Weile bis ich einen Parasol mit „bed“ (so nennen sie die Liegen auf Englisch) ergattern konnte. Es war eigentlich reservieren angesagt und so musste ich zunächst 4 Strandbars abklappern, bevor ich erfolgreich war.

Auf meinem Bett angekommen, lag ich dann auch den ganzen Tag rum. Nur unterbrochen von abkühlendem Treiben lassen im Meer und allerlei Fressereien. Bitte nicht zu viel bewegen und den Kopf abschalten. Abends gab es dann die ersehnte Pizza und durch den Mistral, der später im Beitrag noch eine kleine Rolle spielen wird, die zweite 18 Grad kühle Nacht in Folge. Auch die Behandlung des Hinterteils schien positive Früchte zu tragen. Für alle, die mitleiden, ist zu sagen: es wird!

Abends um 23 Uhr gab es am Strand ein Feuerwerk. Ich hörte es aber nur im Halbschlaf. Mehr und mehr wird der Tagesablauf von der Sonne beeinflusst. Abends bin ich vor 22 Uhr müde und lege mich hin, früh bin ich schon, ohne Wecker, gegen 6:30 Uhr wach.

Voller Elan ging es in die heutige Etappe bis ins geschichtsträchtige Avignon. Zunächst baute ich alles ab. Mit der Morgenwäsche und Frühstück brauche ich nicht länger als 1,5 Stunden. Um 8 ging es auf die Piste. Und da war er wieder oder immer noch. Der Mistral. Als ob jemand aus Versehen den Fön angelassen hat, ballert mir der Wind frontal ins Gesicht. Im Rückblick würde ich 3 Stufen definieren. Um im Bilde zu bleiben, wie bei einem echten Fön. Vom Campingplatz herunter ging es direkt auf die 85A und kurze Zeit später immer entlang einer riesigen Lagune, der Étang de Monro. Ich bog auf eine plattgewalzte Schotterstrecke. Eine wirklich beeindruckende Morgenstimmung mit irgendwie tollem Licht und ganz vielen verschieden Tieren sorgten für ein tolles Setting. Wasservögel, Stiere, Chavals. Ja Leute, mein Französisch wird besser. Der Fön blies hier bei Stufe 1 bis 2. Ich kam auf 19 km/h, wenn ich mich ganz klein machte. Immer weiter Richtung Norden fahrend kam ich nach etwa 30 km nach Arles und kurze Zeit später nach Fourques. Ich lag gut in der Zeit.

Es ging immer entlang der Lagune.

In Forques wollte ich eigentlich den Radweg auf dem Rhonedamm entlang. Leider war dieser gesperrt. Eben nicht aufgepasst stand ich plötzlich vor einem Friedhof, Sackgasse! Und das sollte ein gewisses Omen sein. Von nun an gings weiter mit Stufe 2. Bis Beaucaire waren die Windstöße zum Teil unerträglich. Ich versuchte mich nicht mehr um Geschwindigkeit, Herzfrequenz oder Wind zu kümmern. Einfach treten was geht und dann mal schauen. Und das klappt dann am besten, wenn man nachdenkt und sich ablenkt. Zum Beispiel dachte ich über meine bisherigen Sprachkenntnisse in Französisch nach. Das ging schnell. Oder unsere Reise ab September. Was noch zu organisieren ist. Da geht es in Usbekistan los. Also mal eben alles russische Herausholen (Извините usw., ging auch schnell). Am Ende: Wer bin ich und wenn ja, wie viele? Ich war bei Kilometer 50. Prima! Und bei Stufe 3. Kacke! Das Lenkrad verreißt manchmal durch Böen. Ich fahre im Schnitt 10 km/h bei vollem Tritt. Es frustriert, da man nichts davon hat. Einmal stoße ich ein lautes „F$#%^“ aus. Fahre ich einen Berg nach oben, passiert so etwas auch. Aber ich habe danach eine geile Abfahrt. So soll es noch 45 Kilometer weiter gehen? Nö!

Die erste Brücke des Tages. Nur einspurig zu befahren.

Ich quere die Rhone und fahre in Tarascon zum Supermarkt. Obst, Orangina, Müsliriegel und frisches Wasser. Die Entscheidung war gefallen. Ich schummel ein bisschen und nehme die Abkürzung. Es ging weiter auf der D35 Richtung Barbentane. Bei Aramon entschied ich mich die Rhone wieder zu queren und auf den geplanten Track zurückzukehren. Es blies mich hier fast von der Brücke. Ich kann mich bequem leicht nach rechts legen und herübersurfen. Der Fluss hatte hier die Breite eines Sees. Sehr beeindruckend.

So langsam wirds wieder wellig. Im Vordergrund ein Cheval in Farbe blanque. So wie die meisten hier.

Von da an waren es nur noch 13 Kilometer bis Avignon. Entlang eines Galeriewaldes, etwas unterhalb des Flussniveaus, war wieder Stufe 1 angesagt. Zum Glück. Ich war hier schon ziemlich runter mit der Bereifung. Um 13 Uhr überquere ich die 3. Brücke des Tages. Es ist geschafft. Was für ein Fight. 80 km und Wattzahlen wie auf einer ordentlichen Bergetappe.

Der Blick auf die Altstadt vom anderen Flussufer.

Hier muss mal ein Papst gewohnt haben. „Palais des Papes“

Avignon sieht von weitem sehr schick aus. Und auch von nahem. Ich beschloss eben mit dem Rad eine Runde durch die Altstadt zu drehen und ein bisschen von dem Flair aufzunehmen. Das Ganze ging nur schiebend. Massen von Touristen drängten sich durch die Gassen.

Im Supermarkt kaufte ich ein. Und da es mir hier zum ersten Mal nicht so ganz geheuer war, mein Rad abzustellen, beauftragte ich einen Obdachlosen, für einen kleinen Unkostenbeitrag von 2 Euro aufzupassen. Er machte es gerne.

Jetzt hieß es nur noch auf dem Campingplatz ankommen und ab in den Pool. Doch leider war mein 4-Sterne-Camping ausgebucht. Deshalb ging es wieder zurück auf den 3-Sterne-Platz, ohne Pool. Und der ist echt russisch. Alles herunter gekommen, unglaublich voll und Stellplätze auf Schotter und Dreck. Die Sanitäranlagen katastrophal. Es ist nur eine Nacht. Ich beschloss also schnell zu duschen und wieder in die Stadt zu gehen. Nach 2 halben Litern in einer netten Bar habe ich mir den Ersatzplatz endlich schön trinken können. Geht doch! Schickes Areal, echt ganz hübsch!

Zum ersten Mal ein voller Campingplatz.

Später gibt es mal wieder Würstchengulasch und Pasta. Der Klassiker. Wechselten die Menüs zu Beginn häufig, gibt es jetzt auch mal Wiederholung im Programm. Wer Ideen für leckere, einfache Rezepte hat, schreibt mir bitte.

Zur Beantwortung der Problemfrage würde ich zusammenfassend und abschließend sagen: Mistral sucks. In diesem Sinne, bis morgen. Zum Einstieg in den Ventoux. Er ist am Horizont schon zu sehen.

11 Kommentare

  1. Andreas

    15. Juli 2019 at 17:42

    Fehlt dir die Lokomotive? Bald bist du ja wieder im (Wind)schutz der Berge 😉

  2. Hey Bro, du hast echtes Vertrauen in die französischen Obdachlosen. Zum Glück ist er nicht inkl. der 2 € über alle Berge. Wir schicken dir mal ein Rezept für eine one-pot-pasta. Ist sehr lecker. Nur beim überbacken musst du Kreativ sein. Noch viel Kraft und Sitzfleisch. Oder lieber kein Sitzfleisch.

  3. Weiter, weiter! Immer weiter!

    Welche Leistung ein Fahrer erbringen kann, hängt von seinem Gewicht ab. Die Tourfavoriten können über einen längeren Zeitraum – ca. 20 bis 40 Minuten – Werte von fünf bis sechs Watt pro Kilogramm Körpergewicht treten. Bei längerer Dauerbelastung sinkt der Durchschnittswert. Steven Kruijswijk vom Team Jumbo-Visma etwa trat auf der 20. Etappe beim Giro 2016 am Anstieg zum Col de la Bonette über eine Stunde im Schnitt 297 Watt. Den einstündigen Aufstieg zum Col de la Lombarde schaffte er mit durchschnittlich 330 Watt, was einer Leistung von 5,16 Watt pro Kilogramm Körpergewicht entspricht.
    Noch mehr Kraft auf die Pedale bringen die Sprinter – meist aber nur für kurze Strecken. Bei seinem Etappensieg auf der 6. Etappe 2014 in Reims trat André Greipel nach Angaben des Messgeräteherstellers SRM auf den letzten 500 Metern durchschnittlich 983 Watt. In der Spitze waren es kurzzeitig sogar über 1600 Watt. Auf der ganzen, leicht hügeligen Etappe lag sein Durchschnitt bei 227 Watt.

    Hau rein!
    Gruß Ralf

  4. Weiter, immer weiter!
    Die Tourfavoriten können über einen längeren Zeitraum – ca. 20 bis 40 Minuten – Werte von fünf bis sechs Watt pro Kilogramm Körpergewicht treten. Steven Kruijswijk vom Team Jumbo-Visma trat auf der 20. Etappe beim Giro 2016 am Anstieg zum Col de la Bonette über eine Stunde im Schnitt 297 Watt. Den einstündigen Aufstieg zum Col de la Lombarde schaffte er mit durchschnittlich 330 Watt, was einer Leistung von 5,16 Watt pro Kilogramm Körpergewicht entspricht. Noch mehr Kraft auf die Pedale bringen die Sprinter – meist aber nur für kurze Strecken. Bei seinem Etappensieg auf der 6. Etappe 2014 in Reims trat André Greipel nach Angaben des Messgeräteherstellers SRM auf den letzten 500 Metern durchschnittlich 983 Watt. In der Spitze waren es kurzzeitig sogar über 1600 Watt. Auf der ganzen, leicht hügeligen Etappe lag sein Durchschnitt bei 227 Watt.

    Hau rein!
    Gruß Ralf

    • Der Giro ging durch Frankreich? Hm. Gerade mal geschaut. Maximalwatt waren 680. Beste 20 Minuten: 225. Was wiege ich eigentlich? Mit 75 kg bin ich gestartet. Vielleicht 74,7 kg…

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